Kann mir jemand das Wasser reichen?

Seminarfahrt WannseeForum: FaMIs zwischen Freizeit und Workshop
von Anne Stegmann

Auf einem Hügel vor einer herrschaftlichen Villa sitzen und auf den sonnenglitzernden See blicken, während man umfangreich frühstückt. So beginnt der Tag in unserer Zeit im WannseeForum.

wannseeFORUM

Jedes Jahr fahren die FaMI-Berufsschulklassen, jeweils zwei zusammen, im ersten Lehrjahr für eine Woche in das Bildungshaus. Und es ist dabei immer eine Mischung aus Klassenfahrt und projektbezogenem Arbeiten in Kleingruppen.

Es gibt ein Oberthema, zu dem in verschiedenen Workshops Medienprodukte erstellt werden.

Im Sommer 2012, in dem meine Klasse, die MI 113 sowie die MI 114 zu Gast waren, war das Thema „Handy & Co. in der Globalisierung“. Dazu fanden ein Video-, ein Audio-, ein Theater- und ein Weblog – Workshop statt, die von je einem Teamleiter mit dem nötigen Fachwissen organisiert wurden.

Nach dem entspannten Frühstück am Morgen, das zum Glück nicht beängstigend nächtlich stattfindet, sondern durchaus moderat um 8.30 Uhr, treffen wir uns alle zum täglichen Plenum in der zum Theater umgebauten Scheune. Diese befindet sich ebenso wie das Haupthaus auf dem weitläufigen Gelände. Dort heißt es dann z.B. „Kissenschlacht“ und „Kontaktwettkampf“. Klingt nach Anarchie? Manchmal trifft es das auch, aber eigentlich verbergen sich dahinter Warm-up-Gruppenspiele. Nicht alle von uns sind gleich zu Beginn davon begeistert, aber im Endeffekt trägt es doch dazu bei, dass wir als Gruppe zusammen gebracht werden und etwas mehr Schwung für den Tag bekommen. Außerdem tauschen sich alle Projektteams kurz über ihre bisherige Arbeit aus. Es ist interessant zu hören, was die anderen so vorhaben und wie weit sie bereits sind.

Durch den mit Säulen geschmückten Eingang betreten wir dann wieder das geräumige Haupthaus mit Anbau. Darin ist genug Platz sodass jeder Workshop, von uns nur „Werkstätten“ genannt, seinen eigenen Arbeitsraum hat.

Am ersten Tag der Fahrt haben sich alle auf die angebotenen Workshops verteilt. Zu dem Thema der Projektwoche gab es vorher noch einleitende Informationen, u.a. in Form eines Dokumentarfilmes, der die fast völlig unbeachtete düstere Seite der Handyherstellung beleuchtete. So informiert, wusste jeder worum es grundsätzlich ging und konnte sich Gedanken machen, in welcher Art und Weise das Thema durch die Projektarbeit ausgeprägt werden soll.

Insgesamt entstand meiner Meinung nach, ein guter Mix aus kritischen und positiven Aspekten der Handynutzung in unserer heutigen Globalisierungsgesellschaft.

Die Weblog-Gruppe beschäftigte sich in Form von interessanten Artikeln mit den Chancen und dem Nutzen von Handys und hatte zusätzlich die Aufgabe, die gesamten Projektergebnisse für alle zu dokumentieren und der Öffentlichkeit zu präsentieren. Es wurde dazu unter anderem je ein Gruppenmitglied video-interviewt. Die Theater-Werkstatt setzte die negative Seite der Handyproduktion eindrucksvoll in Szene. Bei der Aufführung, waren alle sehr beeindruckt von der Darstellung und Idee. Die Videogruppe ging unter dem Gesichtspunkt Konsumverhalten ebenfalls sehr kreativ mit dem Thema um. Sie drehte den äußerst lustigen Film: „Captain Fairtrade und die Konsumzombies“- inklusive Outtakes. Von der Audiowerkstatt wurde eine gelungene Radiosendung produziert, die in der Zukunft spielt und eigens bei einer Straßenbefragung gesammelte O-Töne zum Thema mit einbezieht.

All diese Ergebnisse wurden am Ende der Woche, man kann schon sagen feierlich, vor Publikum präsentiert.

Bis es soweit war, haben wir viele Ideen ausgetauscht, kreative Erfolge erzielt, ein bisschen Stress erlebt, tolles Wetter genossen, neue Erkenntnisse gesammelt und vor allem Spaß gehabt.
Ich fand es war etwas Besonderes, wie entspannt und gemeinschaftlich die Atmosphäre dabei war.
Dazu beigetragen hat sicherlich das überaus gute und vielfältige Essen, das es jeden Tag im WannseeForum gibt. „Endlich wieder Essen“ entwickelte sich zum Running Gag der Woche, da nicht allzu lange nach dem Frühstück das leckere Mittagessen folgt, direkt abgelöst von der Kuchentafel und abgerundet durch ein umfangreiches Abendbrot. Dauerbegleiter war dabei die Frage „Kann mir jemand das Wasser reichen?“ Man musste allerdings dann damit rechnen, den Glaskrug aus Respekt nicht zu bekommen.

„Erst die Arbeit und dann das Vergnügen“. So heißt es, doch dieser Spruch stimmt hier nicht. Die Grenzen sind oftmals gar nicht so genau auszumachen, da sich die Arbeit in der tollen Umgebung, trotz einiger Anstrengung, gar nicht immer als solche anfühlt. Unt erbrochen wird der Arbeitsprozess zudem durch die ausgedehnte Mittagspause, in der jeder das machen kann, was er möchte. Besonders empfehlen kann ich z.B. sich auf der zum Wasser hin sanft abfallenden Wiese in die Sonne zu legen. Wenn man einen schönen Ausblick haben und „im Grünen sein“ sehr wörtlich nehmen möchte, bietet sich der tolle Kletterbaum hinter dem Haus an. Mehr Risiko geht natürlich auch. Diejenige aus meiner Klasse, die es wagte schwimmen zu gehen, sagte hinterher: „Das Wasser war zwar warm, aber die Muscheln sind dezent scharf.“

Die Abende wurden eingeleitet durch ein Gruppenprogramm, das immer abwechselnd eine der beiden Klassen organisiert. Bei uns gab es z.B. Karaoke, ein Volleyballturnier und das gemeinsame Fußball-EM schauen beim Klassiker Deutschland-Niederlande.
Danach ging es sowohl drinnen, als auch draußen ausgedehnt weiter. Das Klassenfahrt-Feeling kam beim Pendeln zwischen Partyraum mit Bar und intensiven Kicker- und Tischtennisfights so richtig durch.

Der Höhepunkt war schließlich unser letzter Abend, an dem der Abschluss der Projektarbeit und die tolle Woche gefeiert wurden. Den Auftakt dazu bereitete ein Abendessen, das die Krönung aller Essenshighlights der Woche war. Ein prunkvolles Buffet mit allen vorstellbaren Sorten Obst, Lachs, Käseplatten und frischem Brot bis hin zu Mousse au Chocolat, die für mich nicht zu toppen war. Alles so schön dekoriert, dass es fast zu schade zum Essen war, aber auch nur fast. Die Tische wurden zu zwei langen Tafeln vereint, die mit Kerzen und einer bemalbaren Tischdecke geschmückt waren. Ein Teil davon hinterher übrigens ein tolles Souvenir für die Autorin, aber das nur am Rande.

Am nächsten Morgen blieb dann noch mal kurz Zeit, um ein letztes Mal auf der kleinen Steinmauer sitzend über den See zu schauen, bevor es auch schon wieder zurückging in die Stadt. Ja genau, man hatte das Gefühl auf eine gute Art und Weise weit weg gewesen zu sein. Obwohl wir natürlich eigentlich die ganze Zeit noch in Berlin waren.

Ich finde, eigentlich müsste man in jedem der drei Lehrjahre eine solche Projektwoche machen.
Denn es ist sicherlich schwer, der Seminarfahrt ins WannseeForum das Wasser zu reichen.

Wenn ihr jetzt genau wissen möchtet, was bei der WannseeForum-Arbeit entstanden ist, dann lest rein in unseren Blog:

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